120 Jahre

Das Fährhaus Fischerhütte - 120 Jahre

Willkommen in Fischerhütte

1900: Hafenkneipe

Als der Bau des Kanals im Jahr 1895 abgeschlossen war, war Fischerhütte ein Hafen. Hier legten die großen Segelschiffe an, um Waren und Passagiere ein- und auszuladen. Und was braucht jeder Hafen? Na klar: Eine Kneipe. Und Fremdenzimmer. Und Lagerplatz. Für diese drei Aufgaben wurde unser Haus gebaut, im Jahr 1900 wurde es Gastwirtschaft eröffnet.

Und so sollte es auch viele Jahrzehnte bleiben, bloß dass statt Segelschiffen zunehmend Dampfschiffe und später Dieselschiffe passierten oder anlegten. Der Warenumschlag ging allerdings in den 50'er Jahren stetig zurück, er konzentrierte sich zunehmend auf die größeren Städte Brunsbüttel, Rendsburg und Kiel.

1959: Tankstelle

Auch die Fähre Fischerhütte war von Anfang an Tag und Nacht in Betrieb, mit dem zunehmenden Motorfahrzeug-Verkehr hat dann die Firma Stinnes vor dem Haus eine Tankstelle errichtet.

1960: Asphaltmischwerk

Der Hafen Fischerhütte erfuhr 1960 noch einmal einen Aufschwung - gleich hinter dem Haus, wo heute der Windschutzwald des WSA steht, wurde ein Asphalt-Mischwerk errichtet. Die benötigten Grundstoffe wurde per Schiff angeliefert. Schon 9 Jahre später wurde Mischwerk geschlossen - das WSA brauchte die Kaiflächen für die Kanalverbreiterung.

1960: Erweiterung

1960 wurde auf der Rückseite des Hauses noch ein Anbau hinzugefügt, darin wurde eine Spülküche und zum ersten Mal eine Ölheizung eingebaut. Diesen Anbau haben wir, hässlich wie er war, inzwischen abgerissen.

1979: Festsaal

Die Gaststätte Fischerhütte wandelte sich von der Hafenkneipe zur Dorfkneipe. Auf der Terrasse wurde Kuchen verspeist, in der Gaststube lief so manches Bier die Kehle hinab. Während der Warenverkehr sich zunehmend auf die größeren Städte konzentrierte, Brunsbüttel, Rendsburg, Kiel, stieg der Bedarf an Räumen zum Feiern. So wurde die bisherige Warenlager- und -umschlaghalle zu einem Festsaal umgebaut, und wohl jeder Steenfelder weiß oft Abenteuerliches von den zahlreichen Feierlichkeiten berichten. Eigentümer der Gaststätte waren Hinrich und Anna Carstens, die auch die benachbarte Landwirtschaft betrieben. Die Landwirtschaft ist mittlerweile in den Händen der Nachkommen zu einem Großbetrieb mit 500 Milchkühen gewachsen, ergänzt um einen Pony-Ferienhof mit ca. 100 Ponies. Die Gaststätte hatten sie 1953 an Familie Schienke verpachtet.

1967: Feuer! So viel Glück im Unglück...

1967 hatten wir riesiges Glück - auch wenn wir von dem Haus noch gar nichts wusste. Ein Feuer drohte es zu vernichten. Doch der Zufall wollte es anders: Gerade kam ein belgisches Feuerlöschschiff durch den Kanal, sah das Feuer, und richtete seine Feuerlöschkanonen vom Kanal aus auf's Haus. So wurde der Brand in Schach gehalten, bis die örtliche Feuerwehr vor Ort war. Heute zeugen noch einige angekokelte Dachbalken von diesem Ereignis.

ca. 1986: Familie Boman

Die Gastwirtschaft wurde Ende der 80er Jahre aufgegeben, das Haus verkauft an Familie Bomann, die aus Schweden hier her zogen. Sie waren ganz schön Schiffsbegeistern und hissten eine Zeitlang vor unserem Haus für jedes vorbeifahrende Schiff dessen Landesflagge. Die Gaststätte im Erdgeschoss wurde zur Wohnung umgebaut, die Fremdenzimmer im Obergeschoss betrieben sie weiter. Dafür renovierten sie sie und brachten sie auf den gestalterischen Stand der 70er Jahre, bauten in die Zimmerecken einfache Bäder, und möblierten das Ganze mit orang-blau gestreiften gebrauchten Möbeln aus der Ferienanlage Damp2000.

1986: Stillegung der Fähre? Nein!

1986 vereinten sich die Steenfelder im Kampf um den Erhalt der Fährstelle Fischerhütte - sie sollte geschlossen werden. Und sie haben nicht umsonst gekämpft: Im Herbst 1987 kam der Beschluss, die Fährstelle zu erhalten - mit einer unter den Kanalfähren einzigartigen nächtlichen Pause von 22 bis 6 Uhr. Die bis dahin verwendete Kettenfähre wurde dann 1990, im Zuge der erfolgten Kanalverbreiterung, durch freifahrende Fähren ersetzt - sie steht heute bei uns gegenüber als begehbares Denkmal auf der Wiese aufgebockt.

1992: Imbiss

1992 wurde auf dem hinteren Parkplatz ein Imbisswagen aufgestellt - so kehrte die Gastronomie in bescheidener Form nach Fischerhütte zurück. Heute gibt es immer noch einen Imbiss, der steht aber nun viel schöner vorne am Kanal neben der aufgebockten Kettenfähre.

2019: Wir finden unser Traumhaus

Von den für starke Raucher typischen Erkrankungen verstarb zunächst Gunnar Boman, 2015 dann auch seine Frau. Die Erben boten das Haus zum Kauf an. Im Dezember 2019 hatten wir dann das Glück, auf einer kleinen Tour durch Schleswig-Holstein, bei der wir uns auch der einen oder anderen verlockenden Immobilienanzeige folgend, einige Häuser anschauten, auf der noch entspannten Suche nach einem Ort, der uns zum Lebensmittelpunkt werden könnte, auch das Haus in Fischerhütte zu besuchen. Wir waren spontan sehr begeistern, schliefen eine Nacht gegenüber am Kanalufer, und trafen dann auch noch zufällig auf die Dame, die über die ganzen Leerstandsjahre hin sich ein bis zweimal pro Woche um Haus und Garten gekümmert und es so geschafft hatte, dass es weder heruntergekommen noch Opfer von Vandalismus geworden war. Sie lud uns auf einen Gang durch das Hausinnere und gab und die Kontaktdaten der Verkäufer, in Schweden lebende Nachkommen des Ehepaars Boman, die uns dann sogar erlaubten, mal eine Nacht im Haus probezuschlafen. Wir wollten gerne wissen, ob der Schiffsverkehr laut genug wäre, den Schlaf zu rauben. Und fanden, dass es nicht so war. Die Nacht war dennoch sehr aufregend, und wir standen noch bis spät immer wieder am Fenster und schauten fasziniert dem Lichterspiel der vorbeigleitenden Schiffe zu. Am Ende wussten wir: Genau das haben wir gesucht. Ein solides Haus in toller Lage zwischen Naturidyll und Weltgeschehen, mit viel Platz und voller Möglichkeiten.

2020: Eintauchen in vergangenes Leben

Eine Bauvoranfrage bestätigte uns, dass wir grundsätzlich im Haus würden Ferienwohnungen einrichten dürfen, und so unterschrieben wir im Juli 2020 den Kaufvertrag. Im Winter '20/21 wohnten wir schon einige Monate im Haus und durchstöberten zumeist die vielen Räume, die allesamt so aussahen, als seien die Bewohner nur mal eben zum Einkaufen. Zahnbürste und Goldzahn, Reiseandenken und ihr erstes jugendliches Tagebuch, Briefe der Söhne und VHS-Kassetten. Wir tauchten mehr in ein fremdes Leben ein, als es uns mitunter lieb war... Und fuhren insgesamt 24 volle Sprinter zum Recyclinghof! Ein Bild der beiden Bomans in ihren besten Jahren hängt heute bei uns im Flur, und wir grüßen sie immer mal wieder dankbar.

2021: Finale

Im Oktober 2021 zogen wir dann endgültig ins Haus, richteten uns im OG ein, stellten den Bauantrag und begannen schließlich mit den Umbauarbeiten. Und nach zwei oder drei Monaten sprangen wir auch nicht mehr für jedes Schiff ans Fenster, und auch der Satz "ist das groß" wurde vom Platz eins der häufigsten Redewendungen verdrängt und ersetzt durch "ist das schön bei uns!"